Das Amtsgericht Leipzig hat mit Urteil vom 26.11.2014 eine Klage der Bitskin GmbH Berlin vollständig abgewiesen.
Aktuell: Bitskin Insolvenzverfahren – Abwicklung läuft
Unser Mandant, ein Unternehmer aus dem Raum Leipzig, war nach seiner Schilderung und der eines Zeugen über die „Referenzkundenmasche“ (bekannt von der Düsseldorfer Euroweb) zu einer Unterzeichnung des Bestellformulars über eine angebliche „Partnervereinbarung“ gebracht worden. Darin sieht das Gericht keinen wirksamen Vertragsschluss. Es bestünde ein Einigungsmangel gemäß § 154 Abs. 1 BGB.
In der Begründung führt das Gericht aus, dass Leistungspflichten der Bitskin so wörtlich in dem mit Partnervereinbarung / Investitionsprogramm verschleiernd überschriebenen Vertragsformular „im Dunkeln“ bleiben. Die nur mit „NM Partner“ umschriebene Leistungsbestimmung sei selbst unter Einbeziehung der einbezogenen AGB „inhaltlsleer“. Dabei sei es bedenklich, dass der eigentliche Vertragsinhalt in AGB ausgelagert würden, die nur in winzigem Schriftgrad abgedruckt werden. Vertragspartner würden nicht erwarten, dass der eigentliche Leistungsinhalt erst dort angegeben würde.
Knebelversuch auf 48 Monate unwirksam
Abgesehen davon, so das Gericht, wären die durch Bitskin beabsichtigten Vertragsbestimmungen in Bezug auf die vorgesehene Laufzeit von 48 Monaten als unangemessene Benachteiligung auch unwirksam. Erst nach dieser festgelegten Laufzeit von vier Jahren sollen Betroffene einen Vertrag nach der Vorstellung von Bitskin überhaupt kündigen können.
„Die Klauseln der AGB der Klägerin sind überraschend, instransparent und benachteiligen ihre Vertragspartner unangemessen.“
Das Gericht spricht hier folgende Problematik an:
Bitskin verlangte von dem Besteller nach seiner Darstellung eine sofortige Entscheidung. Die konkrete Ausgestaltung der Homepage würde erst in einem auf die Bestellung folgenden, weiteren Termin geklärt. Bei Referenzkunden „angeboten“ werden die – vorgeblich geschenkten – Leistungen bei Vertragsschluss nach den vorliegenden Fällen grundsätzlich nicht konkret definiert – eine Verdrehung der üblichen Abläufe zum Nachteil der Betroffenen. Bei Verträgen über Webdesign verlangen Besteller/innen von den Webdesignern üblicher Weise zunächst ein individuelles Konzept, meist auch Entwürfe, bevor sie sich für das Angebot entscheiden. Bei der Referenzkundenmasche wird das Pferd zum Nachteil des Betroffenen von hinten aufgezäumt. Er/Sie bestellt – ohne zu wissen was und in welcher Qualität. Aber kündigen können die Besteller nach dem Bitskin-System auch nicht.
Die Begründung in der Logik der Referenzkundenmasche ist die Behauptung, es würde ja zu vorgeblichen Werbezwecken ohnehin eine bestmöglich professionelle und aufwendige Homepage kostenfrei erstellt – einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
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Das Amtsgericht erkannte daher zutreffend, dass im Streitfall konkrete Leistungsansprüche für den Betroffenen wegen der unklaren bis fehlenden Dokumentation kaum durchsetzbar wären, dies sei „praktisch unmöglich“. Einen Besteller ohne Kenntnis davon, was bei der Zusammenarbeit mit Bitskin herauskäme, in einen vierjährigen Vertrag zu binden, wäre „grob unbillig“. Eine solche Vertragsgestaltung verstoße gegen das Rechtsprinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Bitskin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben sich die Parteien auf eine Vergleichsregelung verständigt.
Bild Gefesselter: Ollyy – www.shutterstock.com