Die Historie widersprüchlicher Gerichtsentscheidungen zu den Formalia bei der Widerrufsbelehrung setzt sich fort.
Das Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg befasste sich am 14.03.2017 mit der Frage zur Bereitstellung eines Erklärungmusters für den Widerruf bei Fernabsatzverträgen (Internet, Telefon, Briefbestellung). Außerdem entschied das Gericht über die Notwendigkeit vollständiger Adressangaben in der Widerrufsbelehrung selbst
– mit folgendem Ergebnis:
- In Widerrufsbelehrung muss nach dem Beschluss keine Telefon- oder Faxnummer angegeben werden, wenn diese dem Internetauftritt des Anbieters an anderer Stelle entnommen werden kann.
- Das Muster-Widerrufsformular müsse auch nicht zur Verfügung gestellt werden. Ein Hinweis auf das Muster im Gesetz soll genügen.
Aktenzeichen: 5 W 107/16
Die Entscheidung widerspricht vorausgehenden Entscheidungen anderer Gerichte,
So hatte unter anderem das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass alle Kontaktdaten vollständig anzugeben sind. Grund ist, dass bei unvollständigen Angaben der Eindruck entstehen kann, dass nur Zusendungen an die angegebenen Adressdaten angenommen werden und zu rechtlichen Folgen wie Nichtigkeit der Bestellung und Rückabwicklung von Leistungen führen. (Beschluss v. 03.03.2015 – 4 U 171/14; Beschluss v. 24.03.2015 – I-4 U 30/15; Urteil v. 30.11.2017, – I-4 U 88/17 , abweichende Adressangaben in Widerrufsbelehrung und Musterformular).
Entsprechend entschied das OLG Frankfurt M., Beschluss vom 04.02.2016, 6 W 10/16).
Allerdings hat das LG Schweinfurt zur Angabe einer Telefonnummer wie das OLG Hamburg entschieden (Urt. v. 24.02.2017, 5 HK O 43/16).
Auch die Auffassung des Senats zur Bereitstellung einer Muster-Widerrufsbelehrung überrascht. Bloße verweise auf Gesetzestexte hat die Rechtsprechung bisher stets als unzureichend angesehen. Bezüglich der Bereitstellung des Formulars geht es nach dem Sinn des Gesetzes außerdem nicht um eine Information, sondern um die Bereitstellung einer Arbeitshilfe,
Ein bloßer Verweis auf Blanko-Muster im Gesetzestext reicht demnach nicht.
Es ist zu empfehlen, stets auch ein Formular zum Kopieren oder zum Download bereitzustellen, weil kaum zu erwarten ist, dass sich andere Gerichte dieser Rechtsmeinung anschließen (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 30.11.2017, – I-4 U 88/17, Musterformular mit Adressangaben, Landgericht Wuppertal, Urteil vom 21.07.2015, Az. 11 O 40/15).