Hohe Risiken bei unüberlegtem Vorgehen zur Vertragsbeendigung
– wann befreit eine Kündigung sicher von Leistungspflichten?
Kündigung ist nicht gleich Kündigung. Häufig gibt schon nach dem Gesetz es mehrere Wege, Dauerverträge über Internetleistungen und Telekommunikationsdienste zu kündigen. Dies ist jeweils abhängig von der Einordnung des Vertrags im Recht. Hinzu kommt eventuelle die Möglichkeit, den Vertrag durch eine Anfechtung gänzlich zu „beseitigen“, wenn die besonderen Voraussetzungen dafür vorliegen.
Man sollte daher vor einer Maßnahme genau prüfen, welche Folgen sich ergeben. Denn nicht jede Beendigung befreit auch von allen Zahlungspflichten. In aller Regel verliert aber der Besteller oder Auftraggeber das Recht auf die georderte Leistung. Das kann dazu führen, dass er weiterzahlen muss, aber dafür nichts mehr verlangen kann.
Wann ist eine Kündigung überhaupt wirksam?
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Verträge über die Erstellung von Internetseiten prinzipiell kündbar sind, auch wenn sie zusätzlich Hostingdienste beinhalten.
Diese Entscheidung gilt aber nur für Verträge, die vorwiegend Webdesign als Werkleistung zum Inhalt haben. Für Telekommunikationsdienste und die immer häufiger beworbenen Tätigkeiten wie das Schalten von Online-Anzeigen kann auch Dienstvertragsrecht anwendbar sein. In diesem Fall wäre bei Zeitverträgen, die über zwei Jahre wirksam abgeschlossen sind, das ordentliche „normale“ Kündigungsrecht mit einer bestimmten Kündigungsfrist ausgeschlossen.
Es muss dann geprüft werden, ob Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung (§ 314 BGB) vorliegen. Dies kann bei einem Vertrag über Telekommunikationsleistungen beispielsweise ein Umzug ins Ausland oder ein Gebiet sein, in dem die Leistungen nicht erbracht werden können.
Häufig als Grund einer Kündigung angeführte interne Gründ, wie eine Geschäftsaufgabe und Gewerbeabmeldung wird aber in der Regel nicht anerkannt.
Folgen einer unwirksamen Kündigung
Wird eine rechtlich unwirksame Kündigung vom Dienstleister nicht anerkannt, kann sich dies doppelt negativ auf den Betroffenen auswirken. Denn er erhält die Leistung nicht mehr – weil er sie nicht annimmt oder der Dienstleister davon ausgehen kann – muss aber weiter voll dafür bezahlen.
Daher ist es ratsam, zunächst das Kündigungsrecht anwaltlich prüfen zu lassen und gegebenenfalls eine dem Dienstleister eine Umstellung in einen sinnvollere Dienst oder andere Leistungen anzubieten, bevor die vielleicht untaugliche „Kündigungskeule“ geschwungen wird.
Ist die Leistung mangelhaft und dies der Hintergrund der beabsichtigten Vertragsbeendigung, muss gemäß § 314 BGB in der Regel zunächst eine Abmahnung unter Fristsetzung erfolgen, damit der Mangel beseitigt werden kann. Eine sofortige Kündigung ist unwirksam und verbaut wegen der folgenden Leistungsverweigerung des Dienstleisters meist Möglichkeiten, die Mängel festzustellen.
Auch bei Mängeln ist daher die Beiziehung anwaltlicher Beratung (z.B. zunächst als günstige Erstberatung) dringend zu empfehlen, damit deren Relevanz und das weitere Vorgehen geklärt werden können.
Der frühzeitige anwaltliche Rat ist immer der effektivste!
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Ist die einfache Kündigung des Webdesignvertrags eine Lösung?
Viele Betroffene von Internet-System-Verträgen wollen sich von der evtl. durch Täuschung erwirkten Bestellung ohne höhere Kosten lösen (Euroweb, Webstyle. Bitskin, Limit International UG, RankNet).
Die Kündigung führt zur Vertragsbeendigung, verpflichtet die Betroffenen aber prinzipiell dazu, dem Webdesigner als Unternehmen eine Abschlusszahlung in Höhe des Rohgewinns (Vertragssumme abzüglich ersparte Kosten) aus dem Vertrag zu ersetzen, s. § 649 S. 2 BGB. Dies gilt auch, wenn noch keine Leistungen in Anspruch genommen wirden. Dies ist der ganz erhebliche „Haken“ bei diesem Rechtsmittel.
Wir prüfen daher für Mandanten zuerst, ob es andere rechtliche Möglichkeiten gibt, den Vertrag sicher zu beenden. Die Referenztäuscher Euroweb, Webstyle, European Website Company, Rank-Net, Bitskin legen unter Verweis auf diese Regelung meist Kündigungsabrechnungen in Höhe von 50 – 95 % der Vertragssumme vor, die bei Betroffenen nach wie vor für Rechtsunsicherheit sorgen.
Muss ich nach Kündigung gem. § 649 BGB die Kündigungsabrechnung bezahlen?
Die mir bisher bekannt gewordenen Kündigungsabrechnungen von den Webdesign-Anbietern Euroweb, Webstyle und Bitskin sind gemessen an den Vorgaben des Gesetzes und der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzureichend und zum Teil nachweisbar falsch.
RankNet verzichtete bislang komplett auf Abrechnungen und behauptete einfach, die Programmierung wäre mit dem Webtermin schon abgeschlossen und abgenommen worden. Dazu wurden Betroffenen ein Blanko-Formular zur Bestätigung untergeschoben.
Dies bedeutet aber nicht, dass es diesen Anbietern nicht gelingen könnte auch einmal eine hinreichende Abrechnung vorzulegen.
Unter anderem mit der Entscheidung in der Sache VII ZR 111/10 entschied der Bundesgerichtshof am 24.03.2011 in einer Revision der Euroweb Internet GmbH, dass die Kalkulationsgrundlagen in einer Kündigungsabrechnung offen gelegt werden müssen, damit der Kunde sie prüfen kann.
So führen die höchsten Zivilrichter in ihrer Begründung wörtlich aus: „… Auch insoweit genügt ihr [Euroweb Internet GmbH] Sachvortrag bereits aus den genannten Gründen nicht den Anforderungen, die an eine schlüssige Darlegung der gemäß § 649 Satz 2 BGB vom Besteller zu zahlenden Vergütung zu stellen sind. Hinzu kommt, dass die Klägerin für die Abrechnung der nicht erbrachten Leistungen ihre kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen hätte darlegen und hierzu über die kalkulatorischen Grundlagen ihrer Abrechnung jedenfalls soviel vortragen müssen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht worden wäre (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 9. Teil Rn. 28). Dem ist durch die abstrakte Darstellung des in ihrem Geschäftsbetrieb durchschnittlich anfallenden Vertragsvolumens und die an die Zahl der mit der Bearbeitung dieser Verträge bei ihr beschäftigten Mitarbeiter geknüpfte Behauptung, durch die Kündigung eines Vertrages würden keine Aufwendungen erspart und keine Kapazitäten für anderweitigen Erwerb frei, weil ihre Mitarbeiter nicht durchgehend vollbeschäftigt seien, nicht genüge getan.
Die Urteile des Landgerichts Düsseldorf v. 05.04.2011 – 7 O 311/10 und des Amtsgerichts Düsseldorf v. 07.06.2011 – 22 C 6727/10, entschieden dementsprechend wie das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 23.09.211 in mehreren Berufungen, dass die Kündigungsabrechnungen der Euroweb Internet GmbH unschlüssig sind. Mit den Urteilen wurden die Klagen der Euroweb Internet GmbH abgewiesen. Mit Urteil vom 29.11.2011 in der Sache 91 O 81/11 wies das Landgericht Berlin die auf eine entsprechende Abrechnung gestützte Klage der Webstyle GmbH bis auf 5% der eingeklagten Summe (§ 649 S. 3 BGB) ab. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass Webstyle die für eine hinreichende Kündigungsabrechnung geforderten Darlegungen zu der anderweitigen Verwendung der Arbeitskraft angeblich angestellter Mitarbeiter so wörtlich nicht im Geringsten erbracht hat. Ganz aktuell stellte das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 09.02.2012 in der Sache 20 O 394 / 11 erneut klar, dass es die Behauptungen der Webstyle GmbH nicht akzeptieren wird, da die Anforderungen des Bundesgerichtshofs nicht erfüllt sind.
Die damit erreichten Gerichtsurteile, die sehr im Interesse der Betroffenen Kunden liegen, zeigen in ihrer Komplexität auch, dass unnötige Zahlungen nur mit anwaltlicher Unterstützung sicher vermieden werden können.
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