LG München I: Versicherung muss Lockdown-Einnahmeausfälle ausgleichen

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Nach der Urteilsbegründung seien die Leistungsausschlüsse in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen intransparent und daher unwirksam. Zudem wäre der Vertrag noch in der Pandemie abgeschlossen worden. Die Versicherung wusste also, dass sie mit dem Eintritt zu rechnen hat. Die Versicherung muss daher die Lockdown-Einnahmeausfälle des Augustinerkellers in München ausgleichen.

Die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12 Zivilkammer sprach dem Inhaber des Augustiner-Kellers in München erwartungsgemäß eine Versicherungsleistung von 1,014 Mio. € zu. Die Versicherung muss die Lockdown-Einnahmeausfälle ausgleichen.

Der Betriebsschließungsversicherung Die im Versicherungsvertrag enthaltene Klausel beinhalte keine wirksame Einschränkung bei den Fällen von behördlichen Betriebsschließungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), das Rechtsgrundlage der Lockdown-Maßnahmen wegen Covid-19 war.

Unklare AGB oder AVB sind unwirksam

Über § 305c BGB ist im Gesetz generell geregelt dass unklare Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formularverträgen immer zu Lasten des Verwenders, also hier der Versicherung gehen. Diesem Prinzip folgen auch die Regeln auch das Versicherungsvertragsgesetz. Damit gilt die Vorgabe auch für die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), dass Ausschlüsse klar formuliert sein müssen. Dies bestätigte das Landgericht in seiner Begründung des Urteils.

Lockdown-Einnahmeausfälle: Versicherung trickst, gekreuzte Finger des Managers

Ein Verweis auf ein Gesetz könne dies nicht ersetzen. Insbesondere verweisen die verwendeten AVB nicht auf die verfügbare, jeweils aktuelle Fassung, sondern auf den Stand vor 20 Jahren bei Erlass des Gesetzes. Seitdem war das Gesetz aber mehrfach um neue Krankheitserreger ergänzt worden.

Der Versicherungsnehmer hätte also umfangreiche Recherchen durchführen müssen oder einen Rechtsanwalt beauftragen müssen, um den Wortlaut des damaligen Gesetzes überhaupt zu ermitteln.

Es überrascht nicht, dass das Gericht eine derart intransparente AGB-Regelung für unwirksam erklärt. Gilt doch, dass Verträge prinzipiell aus sich verständlich sein müssen.

Das Gericht zitiert die AVB auszugsweise wie folgt:

§ 1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren
1. Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und
Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger
in Nr. 2 aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserreger
a) den versicherten Betrieb […] schließt; […]
2. Versicherungsschutz besteht für die folgenden der in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten, beim Menschen übertragbaren
Krankheiten und Erreger nach Fassung des Gesetzes vom 20.07.2000:
a) Krankheiten
[…]
b) Krankheitserreger
[…]
§ 3 Ausschlüsse
1. Der Versicherer haftet nicht
[…]
b) für andere als die in § 1 Ziffer 2 genannten Krankheiten und Krankheitserreger, insbesondere nicht für […].“

Mit dem Eintritt des Versicherungsfalls musste die Bay. Versicherungskammer rechnen. Denn die Versicherung wurde erst am 04.03.2020 abgeschlossen.

Das Gericht ließ auch keine Einwendungen gelten, dass Kurzarbeitergelt oder Corona-Liquiditätshilfen zugunsten der Versicherung angerechnet werden müssen. Denn dieses staatlichen Leistungen seinen keine der Versicherungsleistung entsprechenden Ersatzleistungen für entgangene Einnahmen .

Landgericht München I, Urteil v. 01.10.2020 – Az. 12 O 5895/20

Die Versicherung kann gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht München einlegen und hat dies auch schon angekündigt. Die Pressestelle des Landgerichts München I teilte mit, dass inzwischen 86 entsprechende Klagen wegen Betriebsschließungsversicherungen bei ihm eingegangen sind. München ist auch Sitz der größten deutschen Gesellschaft Allianz. Damit bleibt abzuwarten, wie das Oberlandesgericht entscheidet und ob auch die anderen Gesellschaften für Lockdown-Einnahmeausfälle aufkommen müssen.


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