Einfach – aber riskant: Warum Sie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts besser meiden
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine einfach, ohne jede Einlage zu gründende Form für wirtschaftliche Kooperationen, dafür in ihren Auswirkungen aber umso komplizierter. Die so ganz einfach, unter Umständen sogar nur mündlich oder auch ganz unbewusst gegründete GbR ist mit einer Ehe vergleichbar. So schön und einfach die Heirat, so komplex ist die Scheidung. Dabei kann bei der Abwicklung der GbR anders als bei der Ehe aber noch nicht einmal auf strukturierte Gesetze zurückgegriffen werden.
Denn die GbR entspringt noch den urliberalen Grundsätzen der Privatautonomie im 19. Jahrhundert: Freiheit der Vertragsparteien und maximales Risiko. Dies zeigen schon die vielfachen Anfragen von Ratsuchenden, die an einer Grundstücksgesellschaft in Form einer GbR oder an einem Unternehmen beteiligt sind. Vor allem im Streitfall zwischen den Gesellschaftern und bei ihrer Abwicklung birgt die GbR erhebliche finanzielle Risiken – leider gerade für diejenigen Gesellschafter, die „etwas zu verlieren haben“ und sich deshalb für die Erhaltung der Gesellschaft einsetzen. Leider förderte die teils chaotische Rechtslage aus vielen, sich oft widersprechenden Einzelentscheidungen der Gerichte auch nicht den verantwortungsvollen Umgang mit dem Gesellschaftsvermögen und „fleißige“ Gesellschafter.
Unglücklicher Weise wird die GbR als Gesellschaftsform wegen ihrer billigen und schnellen Gründung gerade von denjenigen genutzt, für die sie überhaupt nicht geeignet ist – von Existenzgründern. Dabei kann die GbR wegen ihrer unklaren rechtlichen Grundlagen gerade bei geringen verfügbaren finanziellen Mitteln in existenzielle Probleme führen.
Häufige Fehlvorstellungen der Rechtsverhältnisse Innen und nach Außen
Häufig verkannt wird die so einfach wie die GbR zu begründende Außenhaftung gegenüber Dritten. Dadurch ist es möglich, an einer GbR im Außenverhältnis beteiligt zu sein und zu haften, ohne es überhaupt zu wissen. Denn eine GbR kann mündlich begründet werden und für Dritte scheinbar, aber eben wirksam bestehen. Dieses Problem wird regelmäßig dann akut, wenn sich ein Gesellschafter im Innenverhältnis kündigt, es aber unterlässt, die Geschäftspartner und potentielle Geschäftspartner und Gläubiger von seinem Ausscheiden zu unterrichten. Nicht selten wird sogar vergessen, das Gewerbeamt und Finanzamt zu informieren.
Grund für teure Verhaltensfehler beim Umgang mit der GbR ist das regelmäßig verwechselte, getrennt zu bewertende Innenverhältnis der Gesellschafter und Außenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter gegenüber Dritten. Zu beachten ist hier, dass jede Regelung der Verantwortlichkeit, Vertretungsbefugnis oder Haftung im Gesellschaftsvertrag gegenüber Dritten schlicht unwirksam ist. Insbesondere ist eine Regelung, die bei bestimmten Geschäften (z.B. ab einem bestimmten Wert die Zustimmung aller Gesellschafter erfordert) gegenüber Dritten rechtlich wirkungslos.
Dann besteht die Verantwortung des intern ausgeschiedenen Gesellschafters gegenüber Dritten fort, die sich insbesondere auf eine bestehende (einsehbare) Gewerbeanmeldung, die Nennung auf der Internetseite oder auch einfach auf das nicht bekannt gemachte Ausscheiden berufen können. Dann hat der ausscheidende Gesellschafter umfassend für alle von seinen früheren Mitgesellschaftern für die GbR eingegangene Verpflichtungen (häufig der Leasingvertrag für neuen Firmenwagen) gegenüber Dritten einzustehen, was nicht selten den persönlich unverschuldeten wirtschaftlichen Ruin bedeutet.
Man kann natürlich intern Wertgrenzen festlegen, bis zu denen die Gesellschafter befugt sind, die GbR und damit alle anderen vertraglich zu verpflichten. Die unmittelbare Haftung gegenüber Dritten tangiert eine solche Vereinbarung allerdings prinzipiell nicht. Eine tatsächlich wirksame Haftungsentlassung kann nur über eine direkte Vereinbarung mit Vertragspartnern / Gläubigern der GbR erreicht werden. Denn anders als bei der OHG gibt es zur GbR kein öffentliches Register, in das Einschränkungen einer Vertretungsbefugnis der Gesellschafter eingetragen werden können.
Die Kündigung als ganz böse Falle und wie man sicher aus der GbR herauskommt
Es ist also gerade der falsche Weg für einen ausscheidenden Gesellschafter, unvorbereitet und ohne detaillierte Vereinbarungen zur Auseinandersetzung zu kündigen und die weitere Entwicklung oder Abwicklung den verbliebenen Gesellschaftern zu überlassen.
Deutlich aufwendiger als die Gründung und Gestaltung des Gesellschaftsvertrags muss der Ausstieg juristisch umfassend geplant werden. Jedem schädlichen Fehlverhalten der Mitgesellschafter ist umgehend zu begegnen, notfalls durch erwirkte gerichtliche Verbote, auch wenn dies wegen fehlender rechtlicher Handlungsvorgaben nur in Extremfällen überhaupt zum Erfolg führt. Für die Einhaltung der bestehenden Verpflichtungen der GbR gegenüber Dritten (Kredite, Finanzamt, Verträge) haben Sie als Gesellschafter (am besten vor dem Ausstieg) zu sorgen. Sie können nicht auf die anderen verweisen.
Ein schneller Ausstieg – wie er bei der GmbH meist unproblematisch möglich wäre – ist bei der GbR bei bestehenden Verbindlichkeiten also immer sehr riskant. Denn damit geben Sie jede Kontrolle über die Handlungen Ihrer Mitgesellschafter auf – und haften für alle Verbindlichkeiten mit Ihrem Privatvermögen in vollem Umfang weiter. Die Haftung für Schulden wird auch nicht zwischen den Gesellschaftern „geteilt“, sondern alle haften einzeln für alles.
Der goldene Weg eines sicheren Ausstiegs führt also über fachkundig begleitete Verhandlungen mit den Mitgesellschaftern, die zu einer wirksamen, schriftlich abgefassten Vereinbarung im Innenverhältnis führt.
Der Gesellschafterstreit: Untergang der GbR und der Gesellschafter
Im Streitfall ist eine rechtliche Aufarbeitung aller Probleme, eine strategische Beratung und Begleitung unabdingbar, um unabsehbare finanzielle Schäden zu vermeiden. Notfalls sollte eine angeleiteten Mediation durchgeführt werden. Denn auch ein eskalierender Rechtsstreit, den das GbR-Recht leider geradezu provoziert, kann sich in hohen Prozesskosten bei langer Prozessdauer über mehrere Instanzen niederschlagen. Den „Längenrekord“ bei den Gerichten halten in der Regel Gesellschafterstreitigkeiten.
Wegen Prozessdauern und unklarer Rechtslage erfolgt die „Abwicklung“ am Ende zwingend über ein Insolvenzverfahren, das wegen der unbegrenzten Haftung letztendlich immer auch zu einem Insolvenzverfahren das gesamte Privatvermögen der Gesellschafter – mit allen Folgen – wird. Dann wird der Streit geregelt: Durch einen Insolvenzverwalter, der gemäß Vorgabe im Interesse Gläubiger vorgeht und dadurch meist entgegen allen Vorstellungen der Gesellschafter.
Seltene Einzelfälle?
– nach unserer Praxiserfahrung gerade nicht, weil diese Gesellschaftsform gerade die Gesellschafter bevorzugt, die ihre (kaum rechtlich eingeschränkten) Rechte gegen die Gesellschaft und damit die anderen Gesellschafter rücksichtslos ausnutzen. Dabei bleibt es beim klassischen „Ausbluten“ der GbR durchaus nicht.
Wir hatten selbst Fälle einer faktischen Übernahme des gesamten Geschäftsbetriebs unter Aussperrung der anderen Gesellschafter, dazu Verlagerung von Standorten, etc. in Bearbeitung. Werden solche Handlungen nicht sofort unterbunden, werden auch sie faktisch wirksam. Die ausgesperrten Gesellschafter bleibt nur eine Auseinandersetzung und Abfindung, sofern noch Vermögen vorhanden ist.
überarbeitet 11.05.2022
Bild Kind beim Schachspiel: shutterstock_319008224_kikov
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2 Comments on “Risiken und Probleme als GbR-Gesellschafter”
Sehr geehrte Damen und Herren
2009 gründete ich mit zwei Kolleginnen eine private Kindertagespflege und somit eine GbR.
Aus gegebenem Anlass möchte ich meinen Namen nicht veröffentlichen
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Haberland-Kimmel,
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mfG Kanzlei Stefan Musiol