Die Selbstkontrolle der Wirtschaft – Wettbewerbsrecht
– Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Was sind die Grundlagen des freien Wettbewerbs
– wie kann ich mich als Abgemahnte-r wehren?
von Rechtsanwalt Stefan Musiol
Wem eine Abmahnung ins Haus flattert, freut sich darüber sicher nicht mehr als über einen Strafzettel oder Bußgeldbescheid einer Behörde. Die Sache ist auch ähnlich: Mit der Abmahnung wird ein – angeblich – rechtswidriges Verhalten behauptet, das den Wettbewerb zum Schaden der anderen Unternehmen stören soll. Meistens ist Urheber ein Konkurrenzunterenehmen, in der Regel ein ungeliebtes. Außerdem können auch Wettbewerbszentralen oder Verbände Verstöße abmahnen. Im Gegensatz zu Konkurrenten müssen sie nicht die Verletzung ihrer Rechte – einen Wettbewerbsnachteil – vortragen können.
Das über EU-Recht und nationales Recht extrem komplex ausgestaltete Wettbewerbsrecht soll den fairen Wettbewerb gewährleisten und insbesondere die unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern durch Täuschung, Druck und Überrumpelung im Zuge der Vertragsverhandlungen verhindern. Es ist durchsetzt mit Fallstricken für Unternehmen, die man ohne kompetente fachanwaltliche Begleitung praktisch nicht vermeiden kann.
Natürlich werden die wenigsten absichtlich ihre Kunden täuschen und das Recht verletzen. Meistens werden Informationspflichten, wie zu Preisangaben übersehen oder es sind neue gesetzliche Pflichten unbekannt. Das Wettbewerbsrecht sieht in einem Verstoß eine Störung des Marktes, da sich der (auch unbewusste) Verletzer einen Vorteil verschafft. Hiergegen kann der potentiell geschädigte Konkurrent vorgehen, egal ob ihm sein Konkurrent bewusst schaden wollte oder nicht.
Wie kann ich Wettbewerbsverstöße und Rechtsstreitigkeiten mit Konkurrenten vermeiden?
Folgende Grundregeln helfen, teure Abmahnungen im Geschäftsbetrieb zu vermeiden:
- Geben Sie Preise in der Werbung und bei Angeboten immer vollständig, also inklusive Umsatzsteuer, Verpackungs- und Versandkosten oder sonstigen Zuschlägen oder Folgekosten an.
- Vermeiden Sie einschränkende Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern. Ein Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen ist gegenüber Verbrauchern in der Regel unzulässig, so dass der Sinn von AGB, die gegenüber Verbrauchern verwendet werden generell in Frage steht.
- Geben Sie auf Ihrer Internetseite und auf Geschäftsbriefen die Firma Ihres Unternehmens, den Inhaber/Geschäftsführer mit Vor- und Zuname sowie alle Adressdaten (Hausadresse, Telefon, Fax und Email) vollständig und richtig an. Wenn Sie Bestellungen entgegen nehmen, muss auch eine vorhandene Umsatzsteuer-Id. angegeben werden.
- Informieren Sie sich über grundlegende gesetzliche Vorschriften zu Ihren Produkten, z.B. Deklarationspflichten zu Inhaltsstoffen, Warnhinweise, Angaben zum Verbrauch bei Elektrogeräten, Batterien/Akkus und PKW.
- Klären Sie bei Angeboten über Internet oder im sonstigen Versandhandel (Fernabsatz) über das gesetzliche 14-tägige Widerrufsrecht auf. Dazu müssen Sie das amtliche Muster mit dem passenden Inhalt verwenden.
- Geben Sie Hinweise zur Rücknahme von Batterien und Verpackungen und melden Sie Ihre Verpackungen zu den Entsorgungssystemen an.
- Werben Sie nicht mit Merkmalen, die selbstverständlich sind (fettfreie Gelatine), Vorsicht bei vergleichender Werbung und Superlativen (der größte, der beste).
- Achten Sie sonst auf richtige Angaben in Ihren Angeboten, insbesondere auch zur Verfügbarkeit der Produkte zu dem beworbenen Preis.
- Schließlich ist auch bei Garantieversprechen Vorsicht geboten. Auch hier gibt es genaue gesetzliche Vorgaben, die einzuhalten sind. So ist der Umfang der Garantie und evtl. Ausschlüsse genau zu definieren. Zudem ist deutlich darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Gewährleistung neben den Garantiezusagen in vollem Umfang bestehen bleibt.
Bedenken Sie auch, dass Sie für das Verhalten Ihrer MitarbeiterInnen, VertriebspartnerInnen, Handelsvertretungen umfassend verantwortlich sind. Sonst bekannte Haftungsentlastungen gelten im Wettbewerbsrecht nicht.
Was tun bei Abmahnung? – nicht zu früh aufgeben!
Wenn sie eine Abmahnung erhalten, sollten Sie diese wegen der sehr komplexen Probleme und oft nicht einheitlichen Rechtsmeinungen der Gerichte unbedingt anwaltlich prüfen lassen. Es ist nicht selten so, dass auch eine anwaltliche Abmahnung nur auf den ersten Blick berechtigt ist und einer genaueren Prüfung nicht standhält. Keinesfalls sollten Sie die beigefügte Unterlassungserklärung ungeprüft unterzeichnen, da diese häufig eine nicht notwendige pauschalierte Vertragsstrafenunterwerfung und ein Anerkenntnis hoher Rechtsanwaltsgebühren enthält. Vor Abgabe einer Unterlassungserklärung müssen Sie auch Prüfen, dass alle Verletzungstatbestände (alle fehlerhaften Angebote, Werbemaßnahmen), auch solche, zu denen Sie andere veranlasst haben, sicher eingestellt sind. Ist dies kurzfristig nicht möglich, sollte man mit dem Abmahner eine Umstellungsfrist vereinbaren oder eine entsprechende Erklärung in die Unterlassungserklärung aufnehmen. Denn selbst die Kosten eines drohenden Eilverfahrens vor Gericht sind geringer als jede übliche Vertragsstrafe.
Gibt es Tricks?
Teilweise wird versucht, mit einem befreundeten Unternehmen eine Scheinunterwerfung zu konstruieren, um einer kostenpflichtigen Unterwerfung zu entgehen. In der Regel führt dieser scheinbare Ausweg zu gleichen oder größeren Kosten, als eine angemessene Unterwerfung. Denn wenn ein Verstoß einerseits nach der scheinbaren Verpflichtung nicht abgestellt wurde, besteht eine Grundlage für eine weitere Abmahnung. Zudem wird man von der Pflicht zur Kostenerstattung nicht frei.
Sind Abmahner „böse“?
Es ist menschlich und nachvollziehbar, dass Abmahnungen selten auf Verständnis und Einsicht treffen. Aber bei genauerem Nachdenken kann man nicht übersehen, dass Käuferfreundlichkeit und fairer Wettbewerb Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs sind. Es wäre der Niedergang des Online-Handels, wenn Käufer über Endpreise getäuscht würden, ihre Gewährleistungsrechte eingeschränkt würden, sie keine Möglichkeit hätten, falsch bestellte oder nicht passende Ware zurückzugeben und last but not least nicht feststellen könnten, bei welcher existierenden Person sie bestellen können. Heute klingt dies wie die Beschreibung eines fremden, rechtsfreien Raums. – Aber genau als solcher wurde das Internet noch vor 20 Jahren angesehen. Dass dies heute nicht mehr der Fall ist und der abmahnungsgeplagte Online-Handel seinen Marktanteil massiv ausbauen konnte, ist auch das Ergebnis einer konsequenten Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch ungeliebte „Abmahner“ und ihre anwaltlichen Vertretungen.
Preisvergleichssysteme lassen die automatisierte Ermittlung des günstigsten Angebots für eine gesuchte Ware zu. Wer nur wenige Euro teurer ist fällt zurück. Dadurch entscheiden auch kleinere Wettbewerbsvorteile über den wirtschaftlichen Erfolg. Wer sich also die Kosten großzügiger Rücksendemöglichkeiten und Gewährleistung spart, kann dem Verbraucher eine besseres Preis-Leistungs-Verhältnis suggerieren und die Konkurrenz – unfair – hinter sich lassen. Dieser harte Preiskampf erklärt die Versuche, das Widerrufsrecht möglichst eng auszulegen und zu gestalten. Die Verluste durch mangelhaft verpackte und bei der Rücksendung beschädigte Ware sind hoch. Diese Kosten sind letztendlich der Preis für eingesparte Verkaufs- und Lagerräume, die der Handel vorhalten muss. Vorteile bergen naturgemäß auch gewisse Nachteile.
Kein Grund, zu unfairen Mitteln zu greifen, das Recht zu brechen und diejenigen anzugreifen, die es verteidigen.