Berufung gegen 95-Prozent-Klageabweisung aufgegeben
Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte in einem Berufungsprozess der Euroweb Internet GmbH gegen eine 95%-Abweisung ihrer Klage durch das Landgericht eine neue Regel zur Schlussabrechnung nach gekündigtem Internet-System-Vertrag (über Webdesign und Hosting) auf:
Ein nachgewiesen flexibler Einsatz von Personal im Konzern mache die bloße Behauptung der Euroweb, man habe infolge der Kündigung, durch die keinerlei Leistungen erbracht wurden, keine Personalkosten eingespart, unschlüssig. Diesen Nachweis konnten wir für die Mandantin im Verfahren führen.
EWI reichte daraufhin Daten ein, die aber gemäß unserer Stellungnahme dazu an das OLG und der dementsprechenden Auffassung des Senats unzureichend waren. Nach einem weiteren Hinweis des OLG mit diesem Inhalt gab EWI über die Kanzlei Buchholz (vorm. Berger) die Berufung ohne weitere Angaben auf.
Euroweb muss daher die Verfahrenskosten der 1. und 2. Instanz, also alle Anwalts- und Gerichtskosten tragen.
Die Begründung des Senats lautete: Die bloße Behauptung, der Werkunternehmer (Webdesigner) habe nur fest angestelltes Personal, das auch bei einer Vertragskündigung voll weiterbezahlt werden muss, befreit bei einem gegenteiligen Vortrag und entsprechenden Nachweisen nicht von der Verpflichtung, schlüssig und detailliert zu der Möglichkeit eines anderweitigen Erwerbs vorzutragen.
Nach einer freien Kündigung eines Werkvertrags, hier über Webdesignleistungen gemäß § 649 BGB, hat die Bestellerin der Werkleistung die vereinbarte Vergütung zu zahlen, wobei die Werkunternehmerin, hier Webdesignerin, das auf ihre Forderung anrechnen muss (also von ihr abziehen muss) was sie infolge des Abbruchs der Werkerstellung eingespart hat. Beim Webdesign können das freilich fast ausschließlich Personalkosten sein.
Umstritten ist dabei, ob der Unternehmer auch Personalkosten abziehen muss, wenn er das fest angestellte Personal für andere Aufträge einsetzt und welche Auskunftspflichten diesbezüglich und zu der Frage eines anderweitigen Erwerbs mit dem freigestellten Personal (für bei gewinnabführenden Tochtergesellschaften) bestehen.
Dazu haben die Richter des 5. Zivilsenats nun eine weitere Leitlinie erstellt:
Setzt der Werkunternehmer Mitarbeiter konzernweit, also auch bei Tochtergesellschaften durch Mitarbeiterüberlassung ein, muss er in jedem Fall auf Anforderung des Bestellers Auskunft erteilen, wie viele Internet-System-Verträge pro Jahr kalkuliert werden, wie hoch der Zeitaufwand ist, wie viele Mitarbeiter (aufgeteilt nach fester und freier Beschäftigung) im Vertragszeitraum beschäftigt waren, welches Arbeitszeitkontingent zur Verfügung steht, wie viele Aufträge durchgeführt und gekündigt worden sind und für welche Tochtergesellschaften die zur Abwicklung der Internet-System-Verträge eingeplanten Mitarbeiter mit welchem Aufgabenfeld und Zeitaufwand im Vertragszeitraum tätig waren.
Gibt er diese Daten nicht preis, wird seine Schlussabrechnung unschlüssig. Das würde bedeuten, dass er keine Zahlung oder nur 5% der Vertragssumme, § 649 Satz 3 BGB, verlangen kann.
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Leider ist die Rechtsprechung nach wie vor unpraktikabel und stellt Betroffene ohne nachvollziehbaren Grund vor einen hohen Nachweis- und Darlegungsaufwand.
Warum auch bei einem Einsatz von fest angestellten Mitarbeitern eine Unternehmerin nicht generell darlegen und nachweisen muss, dass es infolge der Kündigung tatsächlich Leerlaufzeiten beim Personal gab, erschließt sich nicht. Denn was bei einem kleineren Bauunternehmen anzunehmen ist, das sein Personal kaum von einem Bauprojekt sofort auf ein anderes umplanen kann und auch nicht sofort einen Füllauftrag erhalten dürfte, ist bei größeren Unternehmen nahezu auszuschließen. Sie nehmen ständig Aufträge an, ob in der Gesellschaft oder konzernweit, und schieben eingehende Aufträge regelmäßig auch über Tage, um eine Vollauslastung der Mitarbeiter zu erreichen. Überkapazitäten gibt es bekanntlich nicht, sondern regelmäßig Personalmangel. Eine Webseitenerstellung, die in wenigen Stunden erledigt ist, kann auch nicht mit Werkverträgen über Bauleistungen, die Tage und Wochen binden, verglichen werden.
Insofern kann bei einer realitätsnahen Bewertung des Sachverhalts nur die Vorgabe gelten, dass bei kurzfristigen, in Masse erledigten Werkverträgen im Zweifel von der Einsparung der Personalkosten auszugehen ist, wenn der Unternehmer nichts anderes nachweisen kann.
Das klagende Webdesignunternehmen (Euroweb Internet GmbH) hat die Berufung zurückgenommen, nachdem auch seine weiteren Angaben durch den Senat mit einer weiteren Verfügung vom 07.11.2013 als unzureichend zurückgewiesen worden waren.
Az: I-5 U 164/12
3 Comments on “OLG Düsseldorf: Euroweb gibt auf”
Hallo Herr RA Musiol,
könnten Sie hier vielleicht den Text aus dem Beschluss reinstellen? Freunde von mir haben nun auch eine Klage von denen an der Backe, der RA macht nicht viel Hoffnung, weil die beim OLG in Düsseldorf wohl mittlerweile alle zugunsten Euroweb entscheiden sollen.
Auch anderen Betroffenen würden SIe damit sehr helfen. Dankeschön.
Vielen Dank für Ihre Anregung.
Wir haben von einer Veröffentlichung abgesehen, weil dies nach der Erfahrung tatsächlich keinen Nutzen für (anderweitig oder nicht anwaltlich vertretene) Betroffene hätte.
Der Senat nimmt dort nur mit Verweisen auf die unsererseits im Verfahren umfangreich vorgebrachten Tatsachen und Beweise Bezug und weist die Klägerseite auf die daher fehlenden Erfolgsaussichten hin. Daher ist der Beschluss ohne Kenntnis der Beweismittel inhaltlich kaum verwertbar.
Leider bestehen nach aller Erfahrung in diesen Prozessen ohne diesen Aufwand auf Beklagtenseite wegen der (durch den BGH bestätigten) Vortrags- und Beweislasten kaum Erfolgsaussichten. Bloße Behauptungen reichen nicht aus.
Auch das OLG darf im Zivilverfahren keine Ermittlungen anstellen und nur sehr eingeschränkt Erfahrungen aus Parallelprozessen einbringen, sondern es entscheidet alleine auf der Grundlage des Vortrags der Parteien und der vorgelegten Beweismittel in dem jeweiligen Fall.
In den hier bestmöglich analysierten Fällen, in denen die EW-Gruppe Berufungsverfahren gewonnen hat, war der Vortrag von Beklagtenseite m.E. – gemessen an den Vorgaben des OLG – klar unzureichend. Dies gilt auch für den durch den BGH entschiedenen Fall, sofern die mir vorliegenden Berichte eines sehr vertrauenswürdigen Kollegen zu diesem Fall zutreffen.
Wir fühlen uns auch als Opfer der Masche. Die Referenzmasche als auch 5 monatige Unterbrechung waren nur ein Teil des Ärgers beim Start mit der Firma.
Solche Geschäftsgebaren gehören komplett verboten. Wir haben dadurch wertvollste Zeit im Wettbewerb um E-Liquids verloren, obwohl wir zu den 1,5 % gehören, die Ihre Schularbeiten,der Analytik zur TPD II bereits gemacht haben. Wir haben abgebrochen, mußten weiterzahlen und werden klagen.